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AutorenbildEsther Schweizer

Sicher wirken? Maskenalltag mit der "Alltags-Maske"



Liebe Leserinnen und Leser,


ist sind wieder mehrere Wochen Zeit vergangen, um mit den Herausforderungen der aktuell geltenden Abstandsregeln – und insbesondere mit dem augenscheinlichsten Symbol dieses Zustands, der "Alltagsmaske" – zurechtzukommen. Heute möchte ich in diesem Artikel auf den "behelfsmäßigen Mund/Nasenschutz" und die spezifische Auswirkungen auf meinen persönlichen Kompetenzschwerpunkt eingehen. Politische, rechtliche und moralische Aspekte lasse ich bewusst außen vor – diese werden bereits allerorten umfassend und höchst kontrovers diskutiert. Zuerst aber meine zutiefst ernstgemeinte Frage:


Sind Sie gesundheitlich wohlauf?


Ich hoffe wirklich sehr, dass es Ihnen gut geht und auch in Ihrem persönlichen Umfeld niemand an Covid-19 – oder einer anderen Krankheit/Beeinträchtigung – leiden muss. Wie haben Sie die vergangenen Monate erlebt, nachdem am 25. März der Bundestag eine "epidemische Lage von nationaler Tragweite" feststellte und die hinlänglich bekannten Maßnahmen ins Rollen brachte? Wie stark hat sich der "Lockdown" auf Ihre beruflichen und persönlichen Pläne für dieses Jahr ausgewirkt? Antworten Sie mir gerne auf diesen Newsletter und teilen Sie mit mir Ihre diesbezüglichen Gedanken und Schlussfolgerungen. Da die Möglichkeiten, sich im Rahmen von Präsenztreffen unbeschwert auszutauschen und "einfach mal so zu klönen", massiv eingeschränkt sind, müssen wir uns andere Kanäle suchen, um in Verbindung zu bleiben.


Die Maske – das offensichtlichste "Wahrzeichen" der Corona-Ära


Tatsächlich tue ich mich immer noch ziemlich schwer, im Rahmen eines Seminars oder eines Workshops als Referentin eine "normale" Alltagsmaske zu tragen. Die Abstandsregeln weiß ich als gelernte Schauspielerin mit meiner Stimme zu überwinden, kein Problem. Das Verdecken der Hälfte meiner Gesichtsmimik schränkt mich hingegen in meinem nonverbalen Kommunikationsrepertoire spürbar ein. Daher habe ich mich entschieden – soweit es erlaubt ist – in diesen Situationen eine transparente Mund- und Nasenbedeckung (Plastik-Visier) zu benutzen. Nichtsdestotrotz hat die Maskenpflicht in ihren regionalen Ausprägungen meine Neugierde geweckt – und mich motiviert, einige Corona-bedingten Zwangspausen mit entsprechender Recherche zu füllen:


Die Maske – von der griechischen Antike zu den Schuhputzern in La Paz


Masken in unterschiedlichsten Formen und Funktionen begleiten die Menschheit bereits seit Jahrhunderten und Jahrtausenden. In der griechischen Antike stand das Paar aus weinender und lachender Maske als Sinnbild für das dramatische Theater. Dieses allseits bekannte Bild findet sich immer noch als Piktogramm für darstellende Kunst (klassisch für Theater, heute aber auch für Ballett, Oper, etc.) – achten Sie mal darauf. Die Commedia dell’arte der Renaissance griff die Typologie der Antike wieder auf und ordnete den Protagonisten ihrer Stücke spezifische Ledermasken zu – am bekanntesten sind Harlekin und Bajazzo. Der Karneval in Venedig wäre ohne die vielen kunstvoll ausgeführten Masken nicht vorstellbar. Das japanische Theater und auch die chinesische Oper arbeiten sowohl mit starren Masken als auch mit maskenhaftem Make-up. Sinn und Zweck der im Theater verwendeten Maskenformen: Klare Zuordnung und Erkennbarkeit der Charaktere von Beginn an, auch aufgrund der oftmals schlechten Lichtverhältnisse. Die Rollen waren sofort klar, die Figuren mussten nicht aufwendig definiert und eingeführt werden.

Natürlich dienten Masken auch immer schon als Schutz des Gesichts und des empfindlichen Augenlichts. Fechtmasken, Schweißermasken, Tauchermasken, Staubschutzmasken, Gas- oder ABC-Schutzmasken übernehmen spezifische Schutzaufgaben und ermöglichen teilweise überhaupt erst das Wahrnehmen einer bestimmten Tätigkeit. Der venezianische Karneval zelebriert immer noch spielerisch und kunstvoll eine andere Funktion – das Verschleiern der eigenen Identität darf im Portfolio der Maske auch nicht fehlen. Bankräuber nutzen gerne Strumpfmasken, Skimasken oder Comic-Masken. Sogenannte "Vermummungsverbote" sollen verhindern, dass aus einer Demonstration heraus Straftaten begangen werden, die sich keiner einzelnen Person zuordnen lassen. Weiterhin stehen bestimmte Masken auch für ganz spezifische politische Aussagen – zum Beispiel die Guy-Fawkes-Maske, beispielsweise benutzt von den Anhängern der Occupy Wallstreet Bewegung. Aber auch die Scham bringt Menschen dazu, sich zu maskieren: Die Schuhputzer in der bolivianischen Metropole La Paz verhüllen ihr Antlitz, da ihre Arbeit dort als gesellschaftliche Schande wahrgenommen wird. Mich persönlich gruselt es, wenn ich die furchteinflößende "Pennywise Scary Clown" Maske aus dem Roman von Stephen King „Es“ oder die ebenso schauerlichen Halloween oder Horror Masken sehe …


Die Maske – Welche Maskenrituale pflegen Sie?


In der Historie hatten Masken also oft eine andere Schutzfunktion als heute. Nichtsdestotrotz lässt sich auch mit den "Corona-Masken" (Mund- und Nasenbedeckung) das Gesicht ganz bewusst verstecken. Andererseits schränken diese Verhüllungen unser angeborenes Mienenspiel-Repertoire massiv ein – und lassen mehr oder weniger folgenschwere Fehldeutungen oder Missverständnisse zu. Welche unbewussten – und unglaublich diffizilen – Prozesse zum hochkomplexen Themenbereich der nonverbalen Kommunikation gehören, zeigt Marlis Lamers, anerkannte Expertin für Mimikresonanz auf.

Heute wie vor Jahrzehnten wurde mit dem Tragen einer Maske sehr oft ein Ritual verbunden. Den Winter auszutreiben, zu beschützen, zu beeindrucken, etc. Heute übt die "Corona-Maske"– im übertragenden Sinne – auch ein Ritual aus. Der "Zweck der Übung": für den Schutz des Maske tragendenden Menschen und seines Umfeld zu sorgen. Ein interessanter Aspekt und Gedanke. Gerade im immer schneller und oberflächlicher werdenden 21. Jahrhundert. Oder?


Sicher wirken?!


Gibt es aber auch vollkommen neutrale Masken? Was meinen Sie? Kaum ein Mensch kann seine Außenwirkung komplett „neutralisieren“. Selbst das berühmt-berüchtigte Pokerface strahlt immer noch "Restwirkung" aus – doch das ist ein anderes Thema (vielleicht für eine der folgenden Ausgaben von "Post aus der zweiten Reihe, Parkett" …). Als ich anfing, mich im Rahmen der Vorarbeit für diesen Text mit der Maske und ihrer Wirkweisen zu beschäftigen, fiel mir der „kleinste gemeinsame Nenner“ auf: Rote Nasen – wie wir sie vom Zirkus Clown, der Clownin, den Klinik-Clowns, Clown Doctors und von Menschen kennen, die u.a. in Flüchtlingszentren aktiv sind.


Haben Sie schon mal eine rote Nase aufgesetzt? Was verändert sich? Die simple rote Nase ist die absolute Minimalversion einer Maske, und eignet sich hervorragend, um andere Menschen – und sich selbst – zum Lachen zu bringen. Probieren Sie es doch einfach mal aus. Zum Beispiel beim Autofahren. Da benötigen Sie ja (sofern Sie kein Taxi steuern) keine „Corona Maske“, können aber im täglichen und nicht selten unangenehmen Ernst des deutschen Straßenverkehrs mit vergleichsweise wenig Aufwand unnötigen Eskalationen vorbeugen.


Meist ist es aber so, dass Sie als „Rote-Nasen-Träger_in“ nur eine einzige Rolle spielen können. Selbst wenn Sie ihre Körpersprache, Gestik und die Kleidung (Ihr Outfit – mit allem Drumherum) variieren – die Grundaussage lautet im stillen gesellschaftlichen Konsens doch meistens: „Ich bin doof!“. Unterschätzen Sie dieses Statement aber bitte nicht, erfordert es doch auch viel Mut, es funktioniert weiterhin als wunderbare Schutzfunktion und gibt dem Agierenden unerhört viel Freiraum bzw. Narrenfreiheit. In diesem sehenswerten Videobeitrag „Maskerade – Sehnsucht nach dem Anderssein" wird u.a. der Clown und seine Funktion sehr anschaulich gezeigt.


In meiner aktiven Zeit als Schauspielerin habe ich mehr als eine Rolle verkörpert. Und frage mich angesichts der Maskenthematik wieder öfter: Wie viele Rollen spiele ich heutzutage im Alltag? Ich – Esther Schweizer?


Mit der Zeit wird die Maske zum Gesicht


(Erster Verfasser unbekannt) oder wie J.W. Goethe seinerzeit feststellte: „Verstellung, sagt man, sei ein großes Laster. Doch von Verstellung leben wir“. Eine Kundin sagte mal dazu: „Jeder trägt eine Maske. Ob gewollt oder nicht. Verstellung inbegriffen“. Dem möchte ich gerne widersprechen. Aber kann ich das auch? Besonders in diesen Zeiten? Kennen Sie den Ausspruch „In Deinem Gesicht lese ich wie in einem offenen Buch“? Das scheint für den Angesprochenen oftmals hochpeinlich zu sein. Haben uns mittlerweile Konventionen – und oftmals auch Erziehungsparadigmen – so schmerzhaft wie erfolgreich gelehrt, dass wir unsere Gefühle nicht offen zeigen dürfen? Stichwort Pokerface“? Es gibt sicherlich immer wieder herausfordernde Situationen, in denen wir unser Mienenspiel "im Griff" oder unter Kontrolle haben sollten. „Sei wie das Veilchen im Moose, sittsam bescheiden und rein und nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein“. Das ist nur einer von unzähligen Sprüchen, die tiefsitzende Glaubenssätze postulieren und Menschen dazu bringen, ihr Selbst mit einer Maske zu verhüllen. Der Mensch kann mit einer physisch vorhandenen Maske oder einem "versteinerten Gesicht" in eine Rolle schlüpfen, die ihm vermeintliche oder tatsächliche Vorteile bringt. Aus Selbstschutz? Aus Angst? Aus Unsicherheit? Oder einfach aus Freude „mal jemand ganz anders zu sein?!“.


Dem entgegengesetzt hat sich der Hype um den „Authentizitätswahn“ mittlerweile in ein echtes Dogma verwandelt. Ich frage mich, wie kann ich "wirklich" authentisch sein, wenn ich einerseits einen textilen Mund- und Nasenschutz und andererseits eine virtuelle „Rollen-Maske“ trage? Ist es nicht eher so, dass jegliche Formen von Masken – ob nun als reale „Corona Maske“ oder nicht – auch die eigene Selbstwahrnehmung erheblich beeinträchtigen? Zumindest verändern sie die Außenwirkung – ob dies in unserem Sinne geschieht oder nicht, lässt sich oft nicht so einfach herausfinden.


Ich würde mir von Herzen wünschen, dass Sie den Druck rausnehmen und nicht in eine fremde Rolle schlüpfen (müssen). Seien Sie hingegen einfach glaubwürdig in Ihrem Tun. Besonders, wenn Sie vor anderen Menschen präsentieren oder reden, sich mit einem Vortrag, in einer Online Konferenz oder in einem Kundengespräch zeigen. Ja, das funktioniert online wie offline. Wie? Lassen Sie uns darüber sprechen.


Die Maske – und wie wir kompensieren, was sie kommunikativ verbirgt


Nun ist zumindest die "Corona-Maske" bis auf weiteres nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. Das entsprechend eingeschränkte Mimik-Reservoir müssen wir also in der zwischenmenschlichen Kommunikation anderweitig ausgleichen, wenn wir uns erfolgreich unserer Rollenmaske entledigen konnten. Einerseits gilt es, unsere Stimme mehr zu nutzen, lauter zu sprechen und deutlicher – wenn nicht sogar übertrieben – zu artikulieren. Andererseits sind wir Menschen auch in der Lage, über unsere Augen zu lächeln. Wir müssen es nur wieder neu lernen. Probieren Sie es doch einfach mal aus. Stellen Sie sich vor einen Spiegel, setzen Sie eine normale Alltagsmaske auf und lächeln Sie sich an. Was machen Ihre Augen? Wie lässt sich dieser Effekt intensivieren? Im zweiten Schritt stellen Sie sich einer "Duell-Situation": Mit einer Ihnen wohlgesonnenen Person veranstalten Sie ein Lächel-Duell hinter Masken. Sie werden staunen: Was sich am Anfang vielleicht merkwürdig anfühlt, verwandelt sich schon nach kurzer Zeit zu einem echten "Stimmungs-Booster"!


Wesentlich ernster werde ich allerdings wieder, wenn ich mir überlege, was die Maskenpflicht für Kinder bedeutet. Aus meinem Bekanntenkreis erreichen mich unterschiedliche Beobachtungen. Einige Kinder haben überhaupt keine Probleme damit, die Maske als notwendiges Übel zu akzeptieren und drücken sich modisch über verschiedene Designs aus. Andere Heranwachsende – oft auch mit sprachlichen Herausforderungen – werden hingegen eher stiller und sehen die Maske als einschränkenden Fremdkörper an.


Nichtsdestotrotz sollten wir die Anpassungsfähigkeit – neudeutsch "Change Awareness" – der Nachwuchs-Generation nicht unterschätzen. Welche Erfahrungen machen Sie diesbezüglich?


Teilen Sie gerne Ihr Feedback per Mail info@estherschweizer.de mit mir – aber vor allem: Bleiben Sie gesund!


Herzlichst, Ihre Esther Schweizer


P.S.: Wenn Sie Zeit und Muße haben – hier habe ich mich u.a. für den heutige Artikel inspirieren lassen. Wie lange die jeweiligen Links - ob in dem obigen Blog Beitrag oder hier in der Aufstellung - ihre Gültig- und Richtigkeit haben, vermag ich nicht zu sagen. Daher: Ohne Gewähr.


Zum Vertiefen:


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